Politik

Wie die Abstimmungskampagne zum Klimaschutzgesetz zur Imagekampagne über gesellschaftsrelevante Leistungen von Ingenieurbüros wurde.

Das Berichtsjahr brachte mit dem positiven Grundsatzentscheid des Stimmvolkes zum Klimaschutzgesetz sowie mehreren Energievorlagen im Eilverfahren im Parlament viel Schwung in die Energiewende, einer Kernkompetenz vieler Mitgliederunternehmungen. Es zeigte sich aber auch, dass die Umsetzung mit vielen Hürden gespickt und der Weg noch lang ist. Dieses Aufmerksamkeitsfenster hat der Verband genutzt, insbesondere mit der Abstimmungs- und Imagekampagne, um die gesellschaftlich wichtigen Leistungen von Ingenieurfirmen in verschiedensten Bereichen hervorzuheben.

Die politische Tätigkeit von suisse.ing umfasst das Verfassen von Positionspapieren, Stellungnahmen zu Vernehmlassungen, die Beteiligung an Abstimmungskampagnen, die Beobachtung aktueller Geschäfte auf Bundesebene sowie die proaktive Vertretung von Brancheninteressen gegenüber der nationalen Politik. suisse.ing nahm im Berichtsjahr, als Vertreterin der Planung, regelmässig an verschiedenen Informations- und Austauschmeetings teil und vernetzte sich mit relevanten Akteuren.

Treffen Politik Bauenschweiz

Die auf Anregung von suisse.ing seit 2018 stattfindenden operativen Quartalstreffen der Politikverantwortlichen bei den Mitgliederverbänden von Bauenschweiz haben sich auch dieses Jahr als sehr nützlich erwiesen. Der informelle Austausch erleichtert die Koordination und Wissenserweiterung bei politischen Geschäften innerhalb der Bauwirtschaft.

Vergabemonitor der Schweizer Bauwirtschaft

suisse.ing unterstützt den Vergabemonitor der Schweizer Bauwirtschaft ideell und finanziell. Ziel dieses Monitorings ist es, basierend auf simap-Daten den Fortschritt des Paradigmenwechsels sichtbar zu machen. Diese Daten und deren periodische Auswertung sind die Grundlage, um den Prozess des durch das neue Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) induzierten Kulturwandels effektiv begleiten zu können. Die dritte Ausgabe vom Herbst 2023 zeigt, dass der besagte Kulturwandel Morgenluft wittert. Während einige Kantone einen Nachholeffekt bei der Qualitätsgewichtung zeigen, wird Nachhaltigkeit gerade bei Planungsaufträgen immer zentraler. Der Dialog gewinnt an Beliebtheit und Wettbewerbe kehren wieder zurück. Der Kulturwandel scheint an Fahrt aufzunehmen.

Abstimmungskampagne Klimagesetz und Imagekampagne suisse.ing

suisse.ing hatte sich bezüglich der Volksabstimmung zum Klimaschutzgesetz (Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative) vom 18. Juni 2023 für eine Annahme der Vorlage eingesetzt und Mittel für eine Abstimmungskampagne gesprochen. Es wurden Argumentarien erstellt, Testimonials aufbereitet, an der Kampagne des Dachverbandes Bauenschweiz mitgearbeitet und eine eigene Kampagne #daily4future gestartet. Der Verband begrüsst die Annahme der Vorlage und erinnert daran, dass die grosse Arbeit noch vor uns liegt. In diesem Sinne wurde die Abstimmungskampagne sogleich als Imagekampagne weitergeführt und für den Rest des Berichtsjahres mittels beispielhafter Planungs- und Bauprojekte gezeigt, wie sich unsere Mitgliederunternehmungen für Nachhaltigkeit einsetzen.

Beschaffungsrecht: WEKO schiesst «Verlässlichkeit des Preises» ab

Im Rahmen des neuen Beschaffungsrechts hat der Gesetzgeber das Zuschlagskriterium «Verlässlichkeit des Preises» eingeführt. Als valable Methode wurde das sog. Tessiner Modell angesehen. Bei diesem wird – neben der klassischen (linearen) Preisbewertung – auch der Median der eingegangenen Angebote bewertet. Die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) und Bauenschweiz haben ein Modell entwickelt und in einem Anhang zu den Leitfäden über die Beschaffung von Planer- respektive Werkleistungen publiziert. In der Folge haben die öffentlichen Bauherren des Bundes zahlreiche Pilotprojekte durchgeführt. Noch bevor die Pilotprojekte ausgewertet werden konnten, hat das Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO) in einem Schreiben an die Schweizerische Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) mitgeteilt, dass es das sogenannte Tessiner Modell als nicht rechtmässig ansehe. Das Sekretariat hat seine Beurteilung offenbar auf unvollständigen Informationen und falsche Annahmen getroffen, weshalb eine entsprechende Stellungnahme verfasst wurde. Jedoch zögert nun die öffentliche Hand aufgrund des WEKO-Briefes stark, das Thema weiterzuverfolgen. Damit verschieben sich die Bemühungen für einen Paradigmenwechsel umso mehr auf die Qualitätskriterien.

Teuerung 2023 und Honorarentwicklung 2024

Im Kontext des Marktumfelds hat suisse.ing ihren Mitgliedsunternehmen eine Erhöhung der Gesamtlohnsumme von rund 2 Prozent empfohlen. Angesichts des personalintensiven und traditionell eher tiefmargigen Projektierungsgeschäftes, versteht es sich, dass die unvermeidlichen Kostensteigerungen mit höheren Honoraren kompensiert werden müssen. Mit einem Positionspapier wird den Vertragsparteien dringend angeraten, in neuen Planerverträgen stets eine Regelung über die Abgeltung der Teuerung aufzunehmen. Dazu wird die Anwendung der SIA-Vertragsnorm 126 empfohlen. Bei laufenden Projekten, in denen das nicht geschehen ist, gilt es in Angesicht der nach wie vor ausserordentlichen Lage, einvernehmlich faire Lösungen zu suchen und die Kostensteigerung auch hier abzugelten.

Revidiertes Datenschutzgesetz

Das revidierte Datenschutzgesetz (rDSG) trat per 1. September 2023 in Kraft. Das neue DSG bringt:

  • eine teilweise Annäherung an die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union;
  • ein früheres Greifen des Datenschutzes;
  • eine verstärkte Sensibilisierung der betroffenen Personen für die mit den technologischen Entwicklungen einhergehenden Risiken für den Persönlichkeitsschutz;
  • eine Erhöhung der Transparenz von Datenbearbeitungen;
  • eine Verbesserung der Kontrolle und der Herrschaft über einmal bekannt gegebene Daten; und
  • der Schutz der Minderjährigen.

Das von suisse.ing erarbeitete Factsheet gibt einen Überblick zu den wesentlichen Neuerungen und gewisse Merkpunkte in Bezug auf die spezifische Tätigkeit von Ingenieurunternehmungen und wurde den Mitgliedern zugestellt.

Project Freeze: Vorschläge für mehr Qualität in der Planung

Eine der grössten Herausforderungen in der Gewährung der Planungsqualität und -kosten sowie Einhalten der vereinbarten Termine stellen Änderungen in laufenden Projekten dar, insbesondere kurz vor Schluss. Aufwand und Umfang von kurzfristigen Projektänderungen, -anpassungen und -ergänzungen werden auftraggeberseitig oft unterschätzt. Je nach Fall erschwert dies die Qualitätsprüfung vor Abschluss erheblich, mit verheerenden Folgen: Mängel in der Qualität, fachübergreifend nicht abgestimmte oder unvollständige Dossiers, etc. Der Austausch zwischen suisse.ing, öffentlichen wie auch privaten Bauherren sowie mit Bewilligungsbehörden hat bestätigt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Daher hat suisse.ing Lösungsvorschläge erarbeitet und das Positionspapier «Project Freeze» veröffentlicht.

Wie ist ein Auftraggeber attraktiv für seine Auftragnehmer?

In der aktuellen Situation auf dem Beschaffungsmarkt hat das anbietende Planungsunternehmen oftmals die Wahl, für welche Ausschreibungen es sich bewerben will, respektive welche Mandate es annehmen will und welche nicht. Entsprechend stellen die Vergabebehörden einen Rückgang von Offerteingaben fest, gerade im öffentlichen Beschaffungsverfahren. Wenn ein Anbieter die Wahl hat, für welchen Auftraggeber er tätig sein möchte, wird er denjenigen Partner wählen, mit welchem er die beste Zusammenarbeit erwarten darf. suisse.ing hat als Reaktion auf diese neue Marktsituation eine Publikation erstellt, die den öffentlichen Bauherren aufzeigt, was aus Sicht Ingenieurbüros attraktive Aufträge sind und wie sie Büros für ihre Projekte gewinnen können.

Teilweise Zustimmung zur internationalen Zusammenarbeit 2025–2028

Der Bundesrat hat im Berichtsjahr die Botschaft zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2025–2028 in die Vernehmlassung geschickt und suisse.ing hat dazu Stellung genommen. In der Eingabe des Verbandes wird die wichtige Rolle der Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit hervorgehoben und die Leistungen von Ingenieurbüros herausgestrichen. Die Vorteile der direkten, bilateralen Zusammenarbeit in internationalen Projekten werden betont und vermehrt deren Einsatz anstelle der multilateral finanzierten Projekte gefordert.

Ablehnung der Änderung der Automobilsteuerverordnung

suisse.ing hat im Berichtsjahr zur Vernehmlassung des Bundesrates über die Automobilsteuerverordnung (AStV) ablehnend Stellung genommen. Das Vorhaben, die steuerliche Bevorzugung der Elektrofahrzeuge aufzuheben, kommt für den Verband zu früh. Neben dem Gebäudepark und der Infrastruktur steckt auch in der Mobilität ein grosses Potential für die weitere Reduktion des ökologischen Fussabdruckes der Schweiz. Da die Verkehrswende nicht allein durch den Aus- und Umbau von Infrastrukturen erreicht werden kann, ist gerade die schnelle, 100-prozentige Dekarbonisierung des motorisierten Individualverkehres (MIV) zentral.

Unterstützung der Revision der Lärmschutz-Verordnung

Das Vorhaben des Bundesrates, eine Vereinfachung, Beschleunigung und Harmonisierung des Bewilligungsprozesses von Wärmepumpen herbeizuführen, wurde in der Stellungnahme von suisse.ing sehr begrüsst. Dabei wurden im Sinne der Energiewende weitere Vorschläge für Verbesserungen gemacht, die im Rahmen der Revision der Lärmschutz-Verordnung (LSV) umgesetzt werden könnten.